Das Wort Heimat drückt ein Gefühl der Verbundenheit mit einem Ort, einer Region oder Landschaft aus, das oft mit der Zeit der Kindheit und Jugend verknüpft ist.
Auf dem Land ist die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld gegenwärtig deutlich größer als in der Großstadt, auch die »Heimatliebe« scheint in Landregionen besonders intensiv zu sein. Beides hängt wahrscheinlich mit den Vorzügen des Landes wie Naturnähe und Freiräumen (in Feld, Wald und Garten) und engen sozialen Netzen zusammen.
Heimatliebe oder Heimattümelei?
Heimat ist auch ein politischer Begriff. Beim Streit um die Heimat geht es um die Bewertung unterschiedlicher Lebensformen. Die Deutungshoheit darüber haben in der heutigen Moderne die urbanen Eliten in Staat und Gesellschaft, die sog. »Globalisierungsgewinner«, übernommen. Der »Kosmopolit mit hochbeweglicher Identität« bzw. die »neue hyperkulturelle Boheme« (Iris Radisch, Leitfaden zum Heimatgefühl, Westfalenblatt v. 3.5.2018) betrachtet die offenkundig beharrliche lokale und regionale Heimatliebe vor allem der Landbewohner mit Argwohn. Diese wird gern als spießig, naiv und rückständig bezeichnet und zu einer »politischen Krankheit« erklärt (FAZ v. 10.11.2018, S. 1).
Mit Begriffen wie »Heimattümelei« und »Kirchturm denken« wird die ländliche Lebensform der lokalen Selbstverantwortung, der Natur und Menschennähe, des vor und fürsorgenden Denkens und Handelns diskreditiert und zum Auslaufmodell abgestempelt. Dabei ist
Heimatliebe die Basis für bürgerschaftliches Engagement und demokratisches Mitwirken - was Staat und Gesellschaft doch sehr zugutekommt.
Brauchen wir Heimatministerien?
Die auf dem Land noch stark ausgeprägte lokale Identiikation und die daraus folgende Mitmach, Anpack und Selbstverantwortungskultur wurden und werden durch Beschneidung von Befugnissen und fehlendem Respekt durch Bund und Länder immer mehr geschwächt und beseitigt. Die Folgen dieser fortgesetzten Entmündigung des Landes sind eine wachsende Politik, Staats und Demokratieverdrossenheit in der ländlichen Bevölkerung und Kommunalpolitik. Mit »Heimatministerien« versuchen Bund und Länder derzeit, den Dörfern, Kleinstädten und Landgemeinden staatliche Zuwendung »von oben« zu signalisieren. Skepsis ist jedoch angebracht, ob damit tatsächlich eine Kehrtwende in der Behandlung des Landes beginnt oder der systemische Entmündigungs und Entdemokratisierungsprozess von oben nach unten doch wie bisher weiterläuft.
Hinweis zum Buch:
Gerhard Henkel: Das Dorf. Landleben in Deutschland gestern und heute. Darmstadt
3. 2015
Gerhard Henkel
ist Professor der Universität Duisburg Essen.
Sein Fachgebiet ist die Humangeographie mit Fokus auf der historischen wie aktuellen Land- und Dorfentwicklung.